Freitag, 26. Oktober 2012

Medien machen Griechen zu Idioten

Das deutsch-griechische Verhältnis hat sich rapide verschlechtert. Griechenland steht im Ruf, über seine Verhältnisse gelebt zu haben. Es hat viel zu hohe Schulden - bekommen die Hellenen nun die Quittung dafür? Falsch. Wir nennen neun Mythen über die Ursachen der Griechenland-Krise - Stephan Kaufmann hat den Faktencheck gemacht.


Bekommen die Griechen Luxusrenten?
Laut OECD gehen in Deutschland Männer im Durchschnitt mit 61,8 Jahren in Rente, in Griechenland sind es 61,9 Jahre. Es handelt sich dabei keineswegs um "Luxusrenten": Die griechische Durchschnittsrente beträgt 55% des Durchschnitts der Euro-Zone, im Jahr 2007 lag sie bei 617 Euro. Zwei Drittel der griechischen Rentner müssen mit weniger als 600 Euro je Monat über die Runden kommen.

Bekommen die Griechen mit der Krise die Quittung dafür, dass sie faul sind?
Die Griechen arbeiten mehr als die Deutschen. Die tatsächliche Wochenarbeitszeit - abzüglich Mittagspausen - lag vor der Krise laut Eurostat bei44,3 Stunden, in Deutschland waren es 41 Stunden und im EU-Durchschnitt 41,7 Stunden. Die französische Bank Natixis kommt für Deutschland auf eine Jahresarbeitszeit von durchschnittlich 1.390 Stunden, in Griechenland sind es 2.119 Stunden.
Es ist prinzipiell falsch, die Ursache der Krise eines Landes im mangelnden Fleiß der Einwohner zu suchen. Die Griechen haben nicht die Wahl, einfach mal länger zu arbeiten, um die Krise zu beenden. Eher ist es umgekehrt: Wegen der Krise sind viele Griechen mittlerweile zum Nicht-Arbeiten gezwungen. Die offizielle Arbeitslosenrate lag im April 2011 bei 16,5%, bei den Jugendlichen war Ende 2010 sogar mehr als jeder Dritte ohne bezahlten Job.
Die Zahl der Staatsbediensteten wurde in den vergangenen Monaten um 83.000gekürzt. Man sieht: Nicht "Faulheit" schafft Krisen, sondern Krisen vernichten Jobs. Umgekehrt in Deutschland: Dort hat der Aufschwung die Arbeitslosenquote im April 2011 auf 6,0% gedrückt.

Hat Griechenland zu hohe Schulden?
Bedingt durch die Finanzkrise wuchsen Griechenlands Staatsschulden zwischen 2007 und Ende 2010 von 115% der Wirtschaftsleistung auf 143%. Diese so genannte Schuldenquote dürfte 2011 über 150% steigen. Zum Vergleich: Deutschlands Schuldenquote liegt bei etwa 85%. Die hohe Schuldenquote allein begründet allerdings nicht Griechenlands Probleme.
Italien kommt auf eine Schuldenquote von 120%, Japan sogar auf 200% seiner Wirtschaftsleistung. Beide gelten nicht als "pleite", Griechenland aber schon. Wieso? Weil die Finanzmärkte auf eine Pleite Griechenlands spekulieren. Dies hat die Zinsen für neue Schulden so hoch getrieben, dass Athen kein neues Geld mehr leihen kann.
Zum Vergleich: Für zweijährige Staatsanleihen müsste Athen 25% Zinsen zahlen, Italien zahlt nur 3% und Japan gar nur 0,2% (Stand Ende Mai 2011). Das Problem sind also die von den Finanzmärkten hochspekulierten Zinsen. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hat berechnet: Fiele der durchschnittliche Zinssatz für griechische Staatsanleihen auf 3%, so sänke die Schuldenquote des Landes bis zum Jahr 2015 auf 110% der Wirtschaftsleistung.
Bleiben die Zinsen jedoch hoch, kann Athen kein Geld an den Märkten aufnehmen. Ob es dann "pleite" ist, hängt von der Bereitschaft der anderen Euro-Staaten ab, ihm mit Krediten auszuhelfen. Zwischen Staaten ist "Pleite" also ein politischer Beschluss.



Donnerstag, 25. Oktober 2012

Was ist Politik

Politik ist, den Hühnern die Füße platt zu schlagen um sie dann als Enten zu verkaufen

Dienstag, 23. Oktober 2012

Banken, Banker, Bankster

Der Schock saß tief im Spätsommer 2008: Als die große Immobilienblase platzte, ächzte die ganze Welt. Die Folgen trafen vor allem Kleinanleger. Die großen Banken gingen weitgehend unbeschädigt aus der Krise hervor, denn öffentliche Gelder verhinderten ihre Pleiten.


Was den Kreislauf des Geldes damals außer Tritt brachte, schildert Arte bei seinem Themenabend "Banken, Banker, Bankster" an diesem Dienstag mit zwei Filmbeiträgen. Wie "Der große Reibach" (20.15 Uhr, Autoren: Jean-Michel Meurice und Fabrizio Calvi) funktioniert, erklärt der Banker Jean Peyrelevade. Der Rohstoff der Banken sei "la dette", wie der Franzose sagt, die Verschuldung. "Das System imitiert Schulden, lässt Schulden umlaufen, platziert und verhandelt Schulden". Der Hebel sei ganz einfach: Um so mehr ich mir leihe, desto mehr bekomme ich zurück. Wenn doch alles so einfach wäre - denn es gibt genug schwarze Schafe.
Es war nicht das erste Mal, dass die Weltwirtschaft ächzte. Der große Schock vom 29. Oktober 1929 sitzt noch tief im kollektiven Gedächtnis, als die Wall Street auf einen Schlag 40 Prozent ihres Wertes verlor, deutlich mehr als das jährliche Bruttosozialprodukt der USA. Damals arbeiteten die Banken schon mit einem simplen Trick: Sie kauften von ihnen selbst herausgegebene Aktien, um den Wert zu steigern.
Rückblick: Die neoliberale Revolution setzte schon 1979 mit der Regierungsübernahme Margaret Thatchers in Großbritannien und Ronald Reagans in den USA 1981 ein. Die Politik nahm zunehmend ihren regulierenden Einfluss auf die Wirtschaft und die Finanzwelt zurück und setzte auf das freie Spiels der Kräfte. Aber es ist wie mit Katzen und kleinen Kindern: Wenn Herrchen oder Papa nicht aufpasst, treiben die Kleinen, was sie wollen, nur nicht, was sie sollten.
Die Folgen schildert der zweite Arte-Beitrag zum Thema Banken um 21.25 Uhr, "Der Tanz der Geier". Der Neo-Liberalismus hat die Banken immer mächtiger werden lassen. Der Profit und nicht die sozialen Errungenschaften dominieren die Gesellschaft. Geschäftsbanken, Hedgefonds und Versicherungen spielen mit Risiken und Vertrauen, mit wahren und falschen Werten. "Derivate werden immer komplexer, Kommissionen steigen ins Unermessliche, und Geldmengen bewegen sich immer schneller um die ganze Welt", beschreibt Arte das Spielchen mit dem Geld.
Und die ausführenden Organe sind immer noch dieselben wie vor dem Crash 2008: In den USA sind viele Bankinstitute, die die Krise beschleunigt haben, immer noch am Drücker. Viele Mitarbeiter haben noch dieselben Positionen. Auch in Europa ist das Bild nicht anders. Eine Änderung ist nicht in Sicht.

Montag, 22. Oktober 2012

Es reicht !

Es reicht ! Die Troika erpresst Griechenland
Verelendung. Die Kinder gehen hungrig zur Schule. Diesmal gesteht es der Bildungsminister persönlich ein. Einer von zwei jungen Menschen hat keine Arbeit. 30% der Griechen leben unterhalb der Armutsgrenze, erhalten also weniger als 6.000 Euro im Jahr. Betrag und Anteil werden in einer einschlägigen Untersuchung angeführt. Gleichfalls leben 450.000 Familien von Beihilfen und Unterstützung der Kirche und anderer sozialer Organisationen, einer von drei Griechen hat keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Und wenn wir von den Arbeitslosen und Obdachlosen sowie auch den 100.000 Kleinunternehmern sprechen, die ihre Betriebe schlossen, dann ist die humanitäre Krise in Griechenland da und ist allgemein.

Trotzdem fährt die Troika darin fort, von Austerität zu sprechen, während sogar auch die eingefleischten Neoliberalen den großen Schaden sehen, den ihre Umsetzung der griechischen Wirtschaft und Gesellschaft zugefügt hat, dass die Medizin sich offenkundig als Gift erwiesen hat, wie einige von uns warnten. Obwohl die Troika, also IWF, EZB und Deutschland jetzt ihren Fehler sehen, versuchen sie ihn durch ein Spiel der Verzögerungen zu verbergen, welches auf die Gestaltung der Szenerie für eine politische Lösung des Problems abzielt. Und dies, weil weder die griechische Verschuldung überlebensfähig ist noch das volkswirtschaftliche Programm aufgeht.

Die “Rechenmaschinen”, welche die Gläubiger repräsentieren, scheinen jedoch kein Empfinden und Prinzipien und folglich nichts zu haben, was ihnen heilig ist. Und sie verlangen noch mehr Blut. Natürlich behaupten manche, außer der Kollision der Giganten, die sich in den Verhandlungen widerspiegelt, existiere auch die inländische Opportunität.

Konkret wird gesagt, es gebe einen Kontakt der Troikaner mit griechischen Großunternehmern. Anstatt ihre Forderungen der griechischen Regierung zu übergeben, geben letztere diese der Troika und agieren wie die “Kapuzenträger” der Besatzungszeit. Weil hier – mit den Senkungen der Löhne und Renten, der Streichung von Beihilfen, der Abschaffung der Lohnbeförderungen – symbolisch und real Massenhinrichtungen der Arbeitnehmer und Rentner stattfinden.

Lasst endlich auch die Reichen etwas zahlen. Es sollen auch die zahlen, welche halb London gekauft haben. Es kann nicht angehen, dass die übrigen Griechen, die überwältigende Mehrheit, wie Lasttiere, wie Ersatzteile von Produktionsmaschinen behandelt werden. Weil historisch der Aufschwung einer Gesellschaft, das Wachstum einer Wirtschaft niemals auf den Tod von Millionen Menschen gestützt werden konnte. Nur die ägyptischen Pyramiden, die Paläste des Zaren und andere pharaonische Projekte blutbefleckter Mächte basierten auf der Sklaverei und dem Tod. Dies kann im 21. Jahrhundert nicht erneut geschehen. Und falls es geschieht, wird es nur von kurzer Dauer sein.

Die griechische Gesellschaft, Griechenland als Staat, das griechische Volk wird entweder ein lautstarker “Es reicht!” ausrufen oder in dem unerträglichen Arbeitsdschungel verloren gehen, den die Troikaner und die inländischen Herren gestalten.