Sonntag, 3. März 2013

Pferdefleischskandal - Für mich die falsche Diskussion


Ich kann es nicht mehr hören. Pferdefleisch in Fertigprodukten. Ein Aufschrei erfolgt, als ob Pferdefleisch vergiftet oder Gammelfleisch wäre, so grünschillernd, wo sich doch lieber die Schmeißfliegen drauf setzten.

Kürzlich las ich in der "Jungen Welt" 2 Dinge, die ich für wichtig erachte: 

1. ... dass es verwunderlich wäre, dass überhaupt Fleisch in der Fertiglasagne wäre und

2. ... dass der Skandal doch der wäre, dass das Pferd in seinem Leben weniger Kilometer zurückgelegt habe, als als Rinderhack.

Die Diskussion lief für meine Begriffe von Anfang an falsch. Nur weil die Töchter von Leuten, die es sich leisten können, ein Pferd als Kuscheltier zu haben, isst man es nicht. Und nur deshalb wurde Pferdefleisch als solches verteufelt. Dass es mit Medikamenten durchsetzt war, wurde längst wieder zurückgenommen. In Rind, Schwein und Geflügel wurden auch oft Medikamente entdeckt. Wir wären da in "bester" Gesellschaft. 

Es ist auch kein Grund zu sagen, dass das Pferdefleisch soviel billiger wäre. Pferdfleisch ist nicht billig. Fleisch aus Rumänien kann es durchaus sein. Das hat aber andere Gründe. 

Es war eine tolle Gelegenheit, gerade dieses Fleisch günstig erstehen zu können. Auch wenn Einige immer noch meinen, dass nicht Höchstprofite die Antriebskraft des Kapitalismus wären, widerlegt sich diese Meinung am Beispiel der Fleischpanscherei deutlich.

Der eigentliche Skandal ist, dass Fleisch durch fast ganz Europa gekarrt wurde. Eigentlich müsste es dadurch sauteuer werden. Rumänien ist aber ein so armes Land, dass die Unternehmen dieses Fleisch  für nen Appel und nen Ei den Rumänen abgeluchst haben. Man sagt dazu: Wir haben es zu den dort üblichen Bedingungen erstanden.

Dazu sollte man fragen, wer hat und für wieviel Lohn dieses Fleisch durch fast ganz Europa gekarrt und wer hat und für wieviel Lohn es zermüllert und in die Lasagne gepackt. Weiter sollte gefragt, wer hat und für wieviel Lohn das Mehl und den Teig dafür produziert und die Lasagne in die Supermärkte transportiert, so dass sie dermaßen billig sein kann.

Diese Überlegung wurde aber nicht angestellt.  

Der nächste Skandal ist, dass das Pferdefleisch nicht als solches gekennzeichnet war. Wenn Rinderhack drauf steht, sollte auch Rinderhack drinnen sein. Ob dieses Rinderhack dann wesentlich besser ist als Pferdehack ist, möchte ich persönlich stark bezweifeln. Welches Rindfleisch wird denn für Fertigprodukt-Lasagne verwendet? Richtiges Rindfleisch ist auch nicht billig. Also wird es sicherlich auch aus armen Ländern quer durch Europa in die verarbeitenden Unternehmen gefahren sein und das alles durch prekär Beschäftigte. Anders kann es nicht sein. 

Diese Überlegung wurde aber auch nicht angestellt.

Uns wird immer vorgehalten, wieviel CO2 wir angeblich verbrauchten und wie wir daran schuld seien, wenn die Erde sich erwärmt. Dass LKWs durch ganz Europa fahren, um Produkte an irgendwelche Standorte zu bringen und wieder zurück, dass LKWs als rollende Läger auch durch ganz Europa fahren, interessiert es jemanden? 

Diese Überlegung wird und wurde nicht angestellt.

Weiterhin sollte nach der Profitrate gefragt werden. Wer hat wie und wo daran überirdisch verdient? Diese Überlegung wurde nicht angestellt bzw. nur so nebenbei abgehandelt, als ob dies nicht so wichtig wäre. 

Durch die haltlosen Skandalisierung der Fleischarten in der Lasagne, die sicherlich dadurch nicht schlechter oder besser wurde, als die, die man sonst kaufen konnte, wenn man denn unbedingt Fertiggerichte kaufen wollte, ist es schier unmöglich geworden, mit kühlem Kopf die Situation zu bewerten. 

Regt sich irgendjemand darüber auf, dass in den Fertigprodukten, außer ein paar minimalen Fleischanteilen, chemischer Dreck drinnen ist? Schaue man mal auf die Liste von Fertigprodukten allgemein. Da haben wir meist mehrere verschiedene Zuckerarten drinnen, darunter welche, die wirklich dick machen, verschiedene Aromen auf sogenannter natürlicher Basis und meist irgendwelche Geschmacksverstärker, die aber selten unter diesen Namen laufen, meist unter Hefeextrakten oder Sellerie, sehr oft sind auch noch (wie in einem ganz gewöhnlichem Käse) noch Farbstoffe drinnen. Oft erkennt man vieles erst, wenn man im Internet nachschlägt, was da so für ein Dreck in den Fertigprodukten zu finden ist. Weiß denn irgendjemand überhaupt, wie sich diese Inhaltsstoffe auf den menschlichen Organismus in der Langzeitwirkung auswirken? Gut, das war eine rein rethorische Frage. Denn diese Überlegungen werden nirgends angestellt.

Man schießt sich eben auf eine reine Diskussion darüber ein, dass ein geliebtes Pferdchen in der Lasagne sein könnte. Na, was soll's. Wenn ich Fertigprodukte akzeptiere, wenn ich eine Mischung aus Pferd und Rind akzeptiere, warum soll ich es dann nicht essen können. Ich muss es nur wissen. Es ist nicht gesundheitsgefährdender als jede andere Lasagne.

Einfach die Wahrheit sagen und fertig und in dieser Hinsicht völlig unaufgeregt reagieren. Dieser Zug ist abgefahren, weil nur diejenigen Inhaltsstoffe verteufelt worden sind, die wahrscheinlich noch die einzigen natürlichen sind. Wenn ein Russe gar von Genozid an Bevölkerungsteilen spricht, ist das übelste Propaganda. Keiner stirbt an der Lasagne, zumindest nicht an seinen minimalen Fleischanteilen, schon eher an den Rest der Zutatenlisten von Fertigprodukten.

Man verstehe mich richtig. Wo Rindfleisch drauf steht, soll auch welches drinnen sein. Punkt. Und es kann nicht sein, dass man Lebensmittel, die man wegwerfen will, plötzlich den Tafeln anbietet.

Wichtiger wäre es, die Einkaufsmethoden, die Produktionsmethoden, die Lohnstruktur und die Arbeitszeitstruktur zu hinterfragen. 

Wichtiger wäre es zu fragen: Wieso kann ein Produkt, das sogar noch durch ganz Europa gekarrt wurde so billig sein?

Wichtiger wäre es, grundsätzlich an diese Sache heranzugehen und nicht immer nur die Auswüchse zu skandalisieren und gar nicht mehr vor Übertreffung von Schlagzeilen aufzuhören so zu tun, als ob die Auswüchse so ganz und gar unüblich oder Einzelfälle wären und es nur schwarze Schafe seien und NICHT die übliche Produktionsweise eines Großteils in dieser Wirtschaftsgesellschaft. Die sogenannten Bio-Eier liefern den nächsten Beweis dafür. Höchstprofit. Nennen wir es beim Namen und sagen NICHT Gier dazu. Gier ist menschlich, Höchstprofit erwirtschaften, die kapitalistische Produktionsweise. Beides ist eine Beziehung untereinander eingegangen, weil Gier nicht gebremst wird, sondern sich gut mit der kapitalistischen Produktionsweise verbindet.

Und im Pferdefleischfall können wir - und das ist höchst selten - sogar auf der Verbraucherseite etwas tun. Ich habe mal erbost in einem Supermarkt gefragt, warum es so wenige natürlich Produkte gäbe und die Reihe der Fertigprodukte immer größer werde, so dass ich bald nicht mehr wüsste, was ich einkaufen sollte. Die Antwort war, dass die Verbraucher Fertigprodukte wünschten und sie gern kauften. Meiden wir also diese. Wir werden nicht dazu gezwungen, sie zu essen. Eine selbstgemachte Lasagne ist zwar ein kleines bisschen teurer, aber auch nicht wesentlich. Auch wenn ich arm bin, kann ich natürliche Produkte (soweit es die noch gibt) nutzen und zu Mittagessen verarbeiten. Es macht ein kleines bisschen mehr Arbeit, die sich lohnt. Es gibt sehr viele preisgünstige Rezepte. Unsere Omas und Mütter kennen viele davon. Entdecken wir sie wieder. Fertigproduktesser sind nur die Abfalleimer der chemischen Industrie. Es ist im Prinzip egal ob nun Rind mit Pferd gemischt wurde. Das ist das kleinste unserer Probleme.

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PS:  Man schaut Werbung: Ein Koch tritt auf und schwärmt von seinen Kräutern, die er nur frisch zerdrückt und ein Hauch Öl dazu gibt. Fertig wären die Gewürze & Kräuter pur. Denkste!

Man schaue auf das Töpfchen und stelle fest: Es sind nur 1 % (!) Kräuter drinnen. Der Rest sind Extrakte. Weiterhin sind u.a. 2 Zuckerarten drinnen, ein Hauch Öl und Branntweinessig. Die Firma meint dazu:
  • OHNE geschmacksverstärkende Zusatzstoffe
  • OHNE Farbstoffe
  • OHNE Konservierungsstoffe (lt. Gesetz)
Nun sage mir jemand reinen Gewissens, dass das ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe und ohne Konservierungsstoffe hergestellt wurde. Was hat Zucker in einer Gewürzmischung verloren? Es soll den Konservierungsstoff Branntweinessig lieblicher machen. Beides zusammen sind Geschmacksverstärker. Und was sind die Kräuterextrakte? Welche sind es? Ich sage nur: Guten Appetit!

www.website-erstellen-lassen.de

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