Dienstag, 18. März 2014

Hoeneß - Doch nur ein Fußballpräsident ?

Hoeneß fällt tief, weil er sich überhöht hat. Er fällt aber auch tief, weil er überhöht wurde. Der Spiegel beschrieb ihn als eine Art wahren Kanzler. Talk-Sendungen rissen sich um ihn. Fans vergötterten ihn. Kritik an Hoeneß galt als Hass und Neid.
Aber Uli Hoeneß ist eben auch nur ein Fußballpräsident.
Ein Fußballpräsident wie, wenn auch erfolgreicher, viele andere: mit erotischem Verhältnis zum Geld und doppeltem moralischen Boden. Innerhalb des FC Bayern war er der gütige Vater. Doch Konkurrenten verdrängte er mit Ellenbogen, dickem Portemonnaie und Schlawinertricks. Zwei Beispiele: Sebastian Deisler lockte er mit einem geheimen Millionen-Darlehen nach München. Von Leo Kirch ließ er sich die Zusage zu einem TV-Vertrag mit 40 Millionen Mark heimlich erstatten. Andere sagen: Er ließ sich bestechen. Und den Eindruck der wahren Reue hinterließ er bei seiner Selbstanzeige nicht.
Man sah bei Hoeneß nie so genau hin. Man tut es noch immer nicht, selbst nach diesem Prozess, der schwindelerregende Summen ans Licht gebracht hat, und der Fragen aufdrängt: Wie kommt Hoeneß an so viele Millionen? War das Insider-Handel? Was wurde noch damit finanziert? Gibt es eine Verbindung zu Bayern München, wie lief der Deal mit Adidas? Dessen ehemaliger Chef lieh Hoeneß die Millionen zum Zocken, im Anschluss stieg Adidas bei den Bayern ein.
Quelle: ZEIT
  1. Anmerkung JK: Vielleicht hat Hoeneß die Strafe ja auch so schnell akzeptiert, da vielleicht doch noch einige Leichen im Keller liegen? Es ist schon ein recht seltsamer Vorgang, dass der damalige Adidas-Boss Robert Louis-Dreyfus Hoeneß einfach so 20 Millionen, damals noch D-Mark, auf ein privates Konto bei der Schweizer Vontobel-Bank zur freien Verfügung und als angeblichen Grundstock für Hoeneß‘ Zockerei überwies. Die weiteren dazugehörigen Kontobewegungen, die Zu- und Abflüsse waren aber nicht Gegenstand des Verfahrens gegen Hoeneß. Eine Aufklärung dazu wird es mit dem Anschluss des Verfahrens wohl nie mehr geben. Und dann darf man sicher auch fragen weshalb die Konten des FC Bayern stets so prall gefüllt sind, so dass man sich jeden beliebigen Spieler einfach kaufen kann?
    Es bleibt ebenso festzuhalten, dass trotz des beträchtlichen öffentlichen Aufsehens, welches der Fall Hoeneß hervorgerufen hat, sich an dem politisch gewollten laxen Umgang mit Steuerbetrug erst einmal nichts ändern wird. Bundesweit gibt es 2750 Steuerfahnder bei einem Bedarf von 5000. Und so wird ein mittelgroßer Betrieb in Bayern nur etwa alle 20 Jahre geprüft. Gerade im Großraum München, wo viele Unternehmen ihren Sitz haben, ist dabei der Personalfehlbestand besonders hoch.
  2. Zweifel an seiner Version
    Sichere Gewinne im Devisenhandel sind für Laien kaum möglich. Das nährt den Verdacht, dass das Vontobel-Konto von Uli Hoeneß auch anderen Geschäften diente.
    Am Ende des Prozesses gegen den Präsidenten des FC Bayern und Wurstfabrikanten Uli Hoeneß bleibt das Bild eines Zockers, der primär mit Devisengeschäften mal Gewinne, mal Verluste gemacht hat. G., ein ehemaliger Revisor und späterer Banker, glaubt nicht an diese Darstellung: «Für einen Hoeneß ist es in diesem Markt unmöglich, aus 20 Millionen Mark zeitweise 150 Millionen Euro zu machen. Das ist völlig absurd.»
    Andere sehen es genauso. Der langjährige Banker L. mit großer Erfahrung in Anlagefragen sagt: «Ich habe mit Devisen selten Geld verdient.» Es gebe auch kaum Devisenfonds, die eine gute Rentabilität ausweisen könnten. L. zieht den Vergleich zum Glücksspiel: «Wenn Sie mich fragen, ob man im Kasino Geld verdienen kann, lautet meine Antwort: Ich habe dort immer nur Geld verloren.» Aber natürlich gebe es jene Leute, die beim Roulette auf die Sieben setzen und damit gewinnen.
    Quelle: Tagesanzeger
  3. Man kann Hoeneß als Sozialschmarotzer sehen
    Ist die Strafe für Uli Hoeneß angemessen? Ja, sagt der Moralphilosoph Julius Schälike und erklärt den Unterschied zwischen moralischer Schuld und sozialem Schaden.
    ZEIT ONLINE: Nach einem schweren Raubüberfall drohen drei Jahre Gefängnis. 3,5 Jahre hat Uli Hoeneß bekommen. Wiegt Steuerhinterziehung auch moralisch schwerer?
    Julius Schälike: Nein, aber bei der Strafzumessung geht es nicht allein um die moralische Schuld, sondern auch um das Gemeinwohl. Steuerhinterziehung ist sozial schädlich, der Staat muss sich wehren und Anreize schaffen, Steuern ordnungsgemäß zu zahlen.
    ZEIT ONLINE: Warum müssen Steuerhinterzieher hart bestraft werden?
    Julius Schälike: Die Sanktionen sollen Menschen motivieren, ihren moralischen Pflichten nachzukommen, also ihren fairen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Es ist weitgehend akzeptiert, dass der Staat Steuern auch deshalb erhebt, damit er soziale Ziele realisieren kann. Das funktioniert grundlegend durch Umverteilung, das heißt: Bessergestellte finanzieren Leistungen für Schlechtergestellte. Dadurch entsteht ein soziales Netz und im Idealfall Chancengleichheit, zum Beispiel bei der Bildung. Außerdem wird die Ungleichheit gedämpft, auch dies ist ein moralisch wichtiges Ziel.
    Quelle: ZEIT
  4. Doppelmoral im Profifußball
    Doch beides, Ehrenrettung und Schlusspunkt genauso wie die verniedlichende Fußballrhetorik und die unzähligen Kalauer zu dem Thema haben am Ende einen Effekt, der nicht gut zu heißen ist – und der viel über unsere Gesellschaft und deren Mechanismen aussagt.
    Denn am Fall Hoeneß lässt sich – geradezu idealtypisch – eine gesellschaftliche Doppelmoral aufzeigen: Auf der einen Seite das überbordende Interesse, das keine Grenzen kennt – auch im Privaten nicht. Demgegenüber steht in aller Öffentlichkeit, eine Ignoranz hinsichtlich aller strukturellen und ernsthaften Probleme, die ebenfalls beispiellos ist.
    Quelle: Deutschlandfunk

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